Update Magazin II/2021 |
Frau Zurkow, welche persönlichen Erfahrungen nehmen Sie aus der Covid-19-Krise mit?
Deborah Zurkow: Die Pandemie hat einen harten Stopp gegen unsere Lebensgewohnheiten verfügt und uns beigebracht, dass ein wenig Demut für uns Menschen in der entwickelten Welt angezeigt ist. Covid-19 ist ja gewissermaßen ein Kind unserer Zeit, die von Mobilität und Globalisierung geprägt ist: Eine Krankheit, die sich schon bei flüchtigen Begegnungen von Mensch zu Mensch übertragen kann, hat in einer mobilen, globalisierten Welt natürlich beste Voraussetzungen, sich zu verbreiten. Ein infizierter Mensch kann leicht alle Insassen eines U-Bahn-Wagens anstecken oder eben alle Gäste einer Après-Ski-Party. Wir müssen mehr Aufmerksamkeit darauf legen, das zu bewahren, was wir erreicht haben, und nicht nur nach Neuem und Höherem streben. Wir brauchen einen Gleichklang von Widerstandsfähigkeit bzw. Stabilität und Effizienz.
Wie hat diese Krise das Asset Management Business in den vergangenen Monaten verändert und welche Herausforderungen kommen auf die Asset Management Industrie durch diese Krise in den kommenden Jahren zu?
Deborah Zurkow: Unsere Branche hat ihre operative Widerstandsfähigkeit eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Die Krisenpläne, die wir aus den Schubladen gezogen haben, haben im Großen und Ganzen so funktioniert, wie sie sollten – obwohl sie eher auf großräumige Stromausfälle denn auf eine Pandemie ausgelegt waren. Alles Weitere hat die Improvisationskunst und Anpassungsfähigkeit unserer Menschen besorgt. Mit anderen Worten: Wir waren schon weiter in puncto Digitalisierung, als viele von uns dachten. In dem Moment, in dem wir gezwungen wurden, digital zu arbeiten, konnten wir es auch und haben dann unsere Prozesse, aber auch unsere Gewohnheiten weiter verfeinert. Jetzt haben unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Technologien verinnerlicht und alles läuft reibungsfrei. Allerdings wissen wir aus Umfragen und persönlichen Anmerkungen, dass unsere Leute den direkten Kontakt miteinander sehr vermissen. Und ganz klar: Mir geht es genauso! Ich würde viel lieber mit Gesprächspartnern bei einer Tasse Kaffee am Tisch sitzen, als über Videokonferenz miteinander zu sprechen.
Welche Herausforderungen leiten Sie daraus ab?
Deborah Zurkow: Die Herausforderung für die nächsten Jahre ist es, die Widerstandsfähigkeit unserer Industrie gegen exogene Schocks weiter zu stärken – und zwar gerade gegen Schocks wie eine Pandemie, die nicht in der Finanzwelt entstehen. Damit bin ich schon mitten im Thema: Wir sind bei AGI fest davon überzeugt, dass Portfolios, die konsequent unter Berücksichtigung von E-, S- und G-Kriterien gemanagt werden, widerstandsfähiger gegen exogene Schocks sind. Deshalb ist der Trend zu nachhaltigen Investments kein Modethema, sondern eine säkulare Entwicklung. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Es ist noch ein weiter Weg vor uns, und es wird Rückschläge für das nachhaltige Investieren geben. Aber die Richtung ist eindeutig. Gut ist, dass wir bei vielen Kunden offene Türen einrennen.
Welchen Stellenwert hat für Sie das Thema „Green“ und Sustainability in den kommenden Jahren und insbesondere auch der Aspekt „Social“?
Deborah Zurkow: Zurzeit dominiert in der öffentlichen Diskussion das Thema Klimawandel, und das ist auch gut so. Denn wir haben in allen Aspekten des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens diesen Kampf nicht konsequent genug geführt, denn er ist ja auch ein Kampf mit unseren Lebensgewohnheiten, gegen unseren inneren Schweinehund. Das hat Priorität, deshalb haben wir jetzt gerade eine ganze Reihe von Fonds auf das Prinzip „Climate Engagement with Outcome“ umgestellt. Aber gleichzeitig müssen wir über die Klimathematik hinausdenken, wir arbeiten quasi parallel an ESG 2.0, 3.0 und 4.0.
Was heißt das konkret für die Praxis?
Deborah Zurkow: Gerade das S wurde durch Covid-19 wieder stärker in den Blickpunkt des Interesses gerückt, weil sich das Soziale in unseren Vorgärten und Hinterhöfen abspielt: Ungleicher Zugang zu digitaler Bildung, schlechtes Internet auf dem Land, Zunahme der Ungleichheit, weil Niedriglohnjobs stärker von der Pandemie getroffen werden. Wir haben unsere Richtlinien angepasst. Wir stimmen zum Beispiel schon in der laufenden HV-Saison gegen Erhöhungen der Managementvergütungen, wenn ein Unternehmen pandemiebedingt Stellenstreichungen vorgenommen hat. Das Gleiche gilt, wenn ein Unternehmen die Dividende gekürzt oder gestrichen hat, oder wenn es direkte Staatshilfen erhalten hat.
A/ GOVERNANCE UND UMWELT SIND DIE WICHTIGEN THEMEN
Quelle: Allianz Global Invetors (AGI) © Börsen-Zeitung
Es gibt viele gute Ansätze mit wünschenswerten Auswirkungen: Impact Investing, ESG, Green und Sustainable et cetera. Werden diese einzelnen Stilrichtungen und ihre Subformen in den kommenden Jahren überleben oder wird es einen Konzentrationsprozess geben?
Deborah Zurkow: Ich gehe fest davon aus, dass die Integration von ESG in das Risikomanagement in ein paar Jahren der Base-Case für alle Asset Manager sein wird. Aber darüber hinaus befürworte ich eine Vielfalt und einen Wettbewerb der Angebote. Weil wir als Industrie ja auch eine große Vielfalt von Interessen und Überzeugungen unserer Kunden abbilden wollen. Wir haben ethisch motivierte Kunden, deren Intention wir abbilden. Wir haben Anleger wie unsere Schwestergesellschaften, die in Ergänzung zu ihrem ESG-Ansatz ihre Investments in erneuerbare Energien schnell ausbauen wollen. Andere wollen sich definierten Themen widmen, um einen Impact zu erzielen. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass sich verschiedene „Goldstandards“ für Teilbereiche durchsetzen werden, zum Beispiel die Sustainable Development Goals der UN – 17 an der Zahl – für das Impact Investing, oder spezifischer die Green and Social Bond Principles der ICMA.
Wo stehen Sie heute bei Allianz Global Investors bei Themen wie Sustainability und wo wollen Sie in fünf oder zehn Jahren stehen?
Deborah Zurkow: Wir sind heute vor allem ein mehr oder weniger agnostischer Lösungsanbieter, der den Kunden hilft, ihre Wertvorstellungen adäquat in Investments abzubilden. Das ist ein starker Ansatz und er führt auch kaum zu Konflikten, weil die Wertvorstellungen unserer Kunden nicht so weit auseinanderliegen. Sicher, der eine mag nur Klimaschutz im Sinn haben, der andere hingegen Waffen und Glücksspiel bannen. Aber der Unterschied liegt nur im Fokus, nicht in der grundsätzlichen Ausrichtung. In den kommenden Jahren werden wir uns weiterentwickeln zu einem Asset Manager, der die Werte des eigenen Unternehmens stärker in die Investmentprozesse und die Interaktion mit Kunden und Unternehmen einbringt. Unser Anspruch ist es, beide aktiv auf dem inklusiven Übergang zu einem nachhaltigen Wirtschaften zu begleiten.
Was heißt das für Portfolioausrichtungen?
Deborah Zurkow: Wenn Sie so wollen, sprechen wir hier nicht über Steady-State-Portfolios, sondern über „Pfad-Portfolios“, die wir durch das ständige Engagement mit Investoren wie auch mit den Unternehmen und Institutionen, in die wir investieren, entwickeln. Dabei können wir auf eine ausgeprägte Stärke unseres Stewardship-Ansatzes setzen. Wir sehen uns heute schon als führend im Engagement mit Unternehmen an. Im vorigen Jahr haben wir mit 224 Unternehmen einen konstruktiv-kritischen Dialog geführt. Bei 77 ging es um Umweltthemen.
Viele verpassen sich heute einfach nur eine grüne, nachhaltige Kommunikation. Befürchten Sie, dass daraus einmal ein Greenwashing-Skandal resultieren könnte?
Deborah Zurkow: Ich hoffe nicht, aber wir werden ganz bestimmt Fälle sehen, die nicht „true to label“ sind. Denn für einige Marktteilnehmer steht das kommerzielle Interesse im Vordergrund und der Beitrag zur Klimawende ist eher nachgeordnet. Ich bin besorgt darüber, dass solche Fälle, die vom einfachen Missverständnis bis zum bewussten Etikettenschwindel reichen können, immer mal wieder für Verwirrung sorgen dürften und dadurch davon ablenken, dass der Markt die Weichen zu mehr Nachhaltigkeit gestellt hat.
Welche Vorteile beziehungsweise Nutzen hat uns die EU-Taxonomie in Sachen „Green“ und „Sustainable“ bislang gebracht? Was muss noch kommen?
Deborah Zurkow: Die EU-Taxonomie hat uns ein großes Stück weitergebracht, weil sie erstmals einen Definitionsrahmen liefert, ob eine Wirtschaftsaktivität als ökologisch nachhaltig bezeichnet werden kann – erste Voraussetzung zur Vermeidung von Greenwashing. Ganz wichtig aus Sicht von in sehr langen Zeiträumen denkenden Investoren ist dabei, dass diese Klassifizierung „innovationsoffen“ gehandhabt wird. Sollten in einigen Jahren neue Technologien oder Verfahren marktreif werden, wollen diese Investoren frühzeitig solche Opportunitäten nutzen und nicht durch die Klassifizierung regulatorisch in „alten“ Technologien festgehalten werden.
Was braucht der Markt noch?
Deborah Zurkow: Wir brauchen Standards für das laufende Monitoring. Zum einen wollen wir wissen, wie sich die Aktivität der von uns beobachteten Unternehmen auf deren Umwelt auswirkt – dies ist nicht nur, aber auch ökologisch zu verstehen. Zum anderen, wie sich umgekehrt Umwelteinflüsse auf die Unternehmen auswirken. Als Portfolio- und Vermögensmanager ist es unsere Aufgabe, die Kapitalanlagen unserer Kunden wertgeschätzt und wertsteigernd anzulegen. Es ist offenkundig, dass Klimarisiken insbesondere für langfristige Investoren in der Kapitalanlagestrategie bedeutend sind. Wir halten deshalb Unternehmen an, sich an die TCFD-Standards zu halten.
Was macht AllianzGI als Institution, um nachhaltig zu sein, gemäß der Devise „Practice what you preach“?
Deborah Zurkow: Das ist der natürliche Ausdruck der Wertediskussion in unserem Hause. Wir wollen eine nachhaltige Zukunft aktiv mitgestalten. Und daher müssen wir uns selbst mit derselben Latte messen wie unsere Investments – eigentlich mit einer strengeren. Klimawandel ist ein Kernthema, hier haben wir uns klare und ambitionierte Ziele gesetzt. Im Gebäudemanagement wollen wir bis 2023 die Energieversorgung komplett auf erneuerbare Energien umstellen, in Europa werden wir das bereits in diesem Jahr erreichen. Insgesamt muss der CO2 -Fußabdruck runter, unser Ziel ist bis 2025 eine Reduktion von 34% gegenüber dem Vor-Corona-Jahr 2019. Das wird nicht ohne Schmerzen möglich sein. Und wir haben weitere Ziele für Wasser- und Papierverbrauch sowie für die Abfallvermeidung. Wir müssen unser lange gewohntes Verhalten ändern, und zwar drastisch.
Dieses Interview ist in der Börsen-Zeitung (Ausgabe 110) erschienen.
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Zusammenfassung
Immer mehr Pensionskassen und Versicherungen finanzieren Infrastrukturprojekte in Entwicklungsländern. Der Grund: Anlagen im Rahmen von „Development Finance“ sind teilweise abgesicherte, renditestarke Anlagen. Zudem bieten sie diversifizierende Eigenschaften.