Vier Branchentrends sprechen für aktives Assetmanagement
Zusammenfassung
Überzeugte Vertreter eines aktiven Assetmanagements haben in der öffentlichen Diskussion nicht immer einen leichten Stand. Sie hatten es aber auch schon schwerer. Denn in der langjährigen Kontroverse um aktives versus passives Fondsmanagement zeichnet sich dankenswerterweise allmählich eine Versachlichung der Debatte ab. Beides hat seine Existenzberechtigung, keines ist allein seligmachend. Und doch gibt es gute Gründe für Vermögensverwalter, sich klar zu positionieren. Wir haben das getan und bleiben dabei: Allianz Global Investors ist aktiv. Zur Erläuterung seien vier global beobachtbare Branchentrends genannt.
Update Magazin II/2018 |
1 Abweichen bringt Vorteile
Erster Trend – um den Stier gleich bei den Hörnern zu packen:
Gerade in der Popularität passiver Strategien liegt eine
Chance für echtes aktives Management. Im Rentenbereich
sind die Vorteile eines bewussten Abweichens vom Index
offensichtlich, da bei Letzterem der größte Schuldner – der
nicht immer auch der solideste ist – das größte Gewicht erhält.
Auch bei deutschen Aktien konnten Anleger seit dem Tiefpunkt
im Frühjahr 2009 allein durch eine Untergewichtung
von Versorgern und Banken einiges gegenüber dem DAX
gutmachen. Deren Kurse liegen nach wie vor unter den Niveaus
von März 2009, gleichzeitig hat sich der DAX mehr
als verdreifacht. Noch mehr an Chancen bieten Multi-Asset-
Fonds, die in Europa in den letzten 15 Jahren mit Abstand
an erster Stelle in der Absatzstatistik standen: Einer Auswertung
von AllianzGI zufolge vertrauten europäische Privatanleger
dieser Assetklasse seit 2002 rund 870 Milliarden Euro
an. Die eingebaute Diversifikation und Flexibilität, also die
Möglichkeit zur aktiven Umschichtung, sind dabei die Pfunde,
mit denen die Anlageklasse wuchern kann.
All dies zeigt, dass auch in einer Welt, in der der Marktertrag –
Beta – via Passivprodukte günstig zu haben ist, Bedarf nach
aktiven Strategien und aktivem Management besteht. Selbst
bei der Umsetzung einer vollständig aus Passivinstrumenten
bestehenden Anlagestrategie benötigen die meisten Kunden
„aktive“ Unterstützung. Zudem ist es eine Mär, dass der
Anleger mit einem ETF immer exakt die Entwicklung des
zugehörigen Index erhält. Der DAX beispielsweise ist ein
Performanceindex, der die gezahlten Dividenden mit einberechnet.
Da auf Dividenden aber Steuern fällig sind, liegt ein
DAX-ETF systematisch niedriger als der Index. Bei ETFs auf
weniger liquide Marktsegmente, wie etwa Hochzinsanleihen,
entwickeln sich Index und ETF in angespannten Marktsituationen
auseinander, weil die enthaltenen Wertpapiere teilweise
nicht mehr handelbar sind. Diese Situation hatten wir zuletzt
im Februar, und in dem Maße, wie sich die EZB aus dem
Corporate-Bond-Markt verabschieden wird, werden wir das
wahrscheinlich öfter erleben. Das legt zumindest eine differenziertere
Abwägung zwischen aktivem und passivem
Management nahe, als wir sie meist erfahren.
2 Nachfrage nach „Alternatives“ steigt
Ein zweiter global Trend ist die zunehmende Bedeutung von
„Alternative Investments“. Wenn die Ertragserwartung für die
vermeintlich sichere Anlage – Staatsanleihen höchster Bonität
– nahezu null oder negativ ist, was gravierende Rückwirkungen
auf die Portfolios nicht zuletzt von Altersvorsorgeeinrichtungen
hat, dann kommt es verstärkt auf Zusatzerträge
– Alpha – an. Der Charme von „Alternatives“ liegt dabei
darin, dass sie nicht nur Ertragspotenzial bergen, sondern
dass dies auch mit dem anderer Assetklassen unkorreliert ist.
Hinzu kommt bei illiquiden „Alternatives“ wie etwa Infrastruktur-
oder Privatfinanzierungen ein immenses Marktwachstum:
Dem Kapitalangebot steht eine stark wachsende
Kapitalnachfrage gegenüber. Dies spiegelt sich exemplarisch
im Wachstum des Pfeilers „Alternative Investments“ bei Allianz-
GI wider: Zwischen 2013 und 2018 haben sich die dort verwalteten
Vermögen durch organisches und anorganisches
Wachstum verdreißigfacht – von ursprünglich zwei auf mittlerweile
über 60 Milliarden Euro. Eigentlich wird der Begriff
„Alternatives“ als „Quasi-Resterampe“ für alle Strategien
jenseits von Plain- Vanilla-Aktien-, -Renten- oder -Multi-Asset-
Anlagen der Bedeutung dieser Anlageklasse längst
nicht mehr gerecht. Vielfach wird nämlich übersehen: Die
hierin verwalteten Vermögen sind gemäß Boston Consulting
Group in den letzten 15 Jahren ähnlich stark gewachsen wie
die passiver Investmentstrategien. Tendenz weiter steigend.
Und „Alternatives“ sind aktives Management pur.
3 Nachhaltigkeit wird wichtiger
Der dritte weltweite Trend ist die zunehmende Bedeutung
von ESG-Aspekten bei der Kapitalanlage. Gemäß der Global
Sustainable Investment Alliance (GSIA), eines weltweiten
Zusammenschlusses von Organisationen zur Förderung
nachhaltigen Investierens, ist allein zwischen 2014 und 2016
das Gesamtvolumen an verantwortungsbewusst gemanagten
Kapitalanlagen um ein Viertel gestiegen – auf fast 23 Billionen
US-Dollar. Mehr als die Hälfte davon (12 Billionen US-Dollar)
wird in Europa verwaltet. Wichtig in diesem Zusammenhang:
Investieren unter Berücksichtigung ökologischer, sozialer
oder die Unternehmensführung betreffender (ESG-)Aspekte
bedeutet nicht automatisch Ausschlusskriterien und Anlageverbote.
Eine Reihe von Kunden sucht zwar genau hiernach
oder interessiert sich für sogenanntes Impact-Investing –
Anlagen also, die explizit wohldefinierte ökologische oder
soziale Zwecke fördern. Für eine Reihe von Kunden ist dies
aber auch wiederum nichts. Und genau für diese Kunden
gibt es einen dritten Weg: integriertes ESG-Research. Dies ist
AllianzGIs Alternativangebot für diejenigen, die nicht nach
expliziten SRI-Produkten suchen, wesentliche ESG-Risiken
aber im Investmentprozess berücksichtigt wissen möchten.
Das Ziel ist dabei, „ESG-Torpedos“ – also den Aktienkurs
möglicherweise gravierend bedrohende ESG-Risiken – im
Research-Prozess zu identifizieren und zu umschiffen. Gleichzeitig
sollen aber auch Anlagechancen aktiv genutzt werden,
die sich daraus ergeben, dass Unternehmen auf Basis des
Dialogs mit kritischen Analysten und Portfoliomanagern
umsteuern. Vor allem in den USA spielt integriertes ESGResearch
den Zahlen der GSIA zufolge bereits heute eine
große Rolle. In Europa hat dieses Alternativangebot noch
Aufholpotenzial.
4 Aktive Beratung ist essenziell
Der vierte Trend schließlich basiert auf der Erkenntnis, dass
die Existenzberechtigung aktiven Assetmanagements nicht
allein in der Erzielung einer wie auch immer gearteten Überrendite
liegt. Sie fußt vielmehr auf einer vertrauensvollen
und Mehrwert schaffenden Kundenbeziehung. Diese fängt
bei Advisory-Dienstleistungen an, kann aber viel weiter gehen.
Als höchste Stufe der aus dem sogenannten Fiduciary-
Management bekannten Zusammenarbeit – genannt seien
die Erarbeitung der strategischen Asset-Allocation, die
Entwicklung der Anlagestrategie, Auswahl der Portfoliomanager,
Risikomanagement, Reporting – wird bei Delegated/
Outsourced CIO-Services die Investment-Wertschöpfungskette
komplett ausgelagert. Das heißt, sowohl die Entscheidungshoheit
als auch die Verantwortung werden an den
Assetmanager delegiert. Dies erfordert ein ganz besonderes
enges Vertrauensverhältnis zwischen Kunde und Vermögensverwalter,
die Partnerschaft wird auf eine neue Ebene gehoben.
Gemeinsame Werte können hierbei langfristig nur dann
entstehen, wenn gemeinsame Wertvorstellungen geteilt
werden; Stichwort „Shared Value“. Erfolgskritische Faktoren
sind daher auf Seiten des Assetmanagers neben umfassender
Expertise – sowohl geografisch als auch assetklassenbezogen
– und erwiesener Risikomanagementqualitäten
vor allem echte und gelebte Kundennähe.
Unsere vielen Kundengespräche zeigen, dass diese vier weltweit
beobachtbaren Trends die Anleger beschäftigen. Viele
wissen ein umfassendes aktives Assetmanagement zu schätzen,
nicht zuletzt, weil die Erfahrung lehrt, dass Investmentziele
in erster Linie aufgrund inadäquat auf- oder umgesetzter
Anlagestrategien verfehlt werden. Aktive Beratung und aktives
Management werden daher auch in Zukunft essenziell sein,
um gemeinsam mit dem Kunden und für ihn Werte zu schaffen.
Dieser Artikel ist in am 5.05.2018 in der Börsenzeitung erschienen.
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Über den Autor
Tobias C. Pross ist seit Januar 2020 Chief Executive Officer (CEO) von Allianz Global Investors. Vor seiner Berufung zum CEO war er Global Head of Distribution – eine Position, die er seit 2018 innehatte. Von 2015 bis Mai 2019 war er in seiner Funktion als Head of Europe, Middle East and Africa (EMEA) auch Vorsitzender des European Executive Committee.
Zusammenfassung
Dieser Beitrag zeigt die deutlich gewachsene Bedeutung von CSR¹ und ESG für Firmen und Investoren. Der Mehrwert besteht nicht nur in einem „Mehr“ für die Nachhaltigkeit, sondern kann auch in einem „Mehr“ für die Performance bestehen, wie akademische Studien belegen.