Zusammenfassung
Anfang 2018 waren die Anleihemärkte von einer Rückkehr der Volatilität, einem Anstieg idiosynkratischer Risiken und einer zunehmenden Streuung des Anlegerinteresses geprägt. In diesem Marktumfeld ist der Fokus auf ESG ein wichtiges Instrument, um Portfolios gegen Abwärtsrisiken zu schützen.
Der Schwerpunkt bei ESG-Investments liegt bislang zwar größtenteils auf einer ratingbasierten Portfoliokonstruktion (unter Einsatz von Positiv- und/oder Ausschlusskriterien), die Überwachung von ESG-Risiken sollte jedoch im Zentrum jeder Risikoanalyse stehen. ESG mag aktuell ein populäres Konzept für verantwortungsvolles Investieren sein, die dahinterstehenden Faktoren Umwelt, Soziales und Corporate Governance sind jedoch seit Jahren fester Bestandteil der Analysen im Rahmen aktiver Vermögensverwaltung. Ein kurzer Blick auf die Insolvenzen der vergangenen Jahrzehnte zeigt, dass viele Schieflagen in der Regel auf (mindestens) eine der drei ESG-Kategorien zurückgingen.
Mit dem näher rückenden Ende des aktuellen Konjunkturzyklus (der wahrscheinlich zweitlängsten – aber auch zweitflachsten – Erholungsphase der Nachkriegszeit) dürften in den kommenden Jahren auch Stresssituationen deutlicher zutage treten. Der derzeitige Zyklus zeichnet sich durch beispiellos günstige Finanzierungskonditionen und eine breite Schwächung des Anleihegläubigerschutzes aus, während die niedrige Marktliquidität im Problemfall als Verstärker des Kapitalverlustrisikos wirkt.
Es gibt mehrere Gründe, weshalb ESG ein Kernelement der Investmentphilosophie sein sollte, anstatt lediglich auf externe Ratings abzustellen. Der erste Grund ist relativ leicht nachvollziehbar: Durch die Abhängigkeit von Dritten, deren Schlussfolgerungen nicht selten reaktiv ausfallen, steigt das Risiko, erst dann in Richtung Ausgang zu eilen, wenn es alle anderen auch tun. Leider sind manche Risikobereiche mitunter selbst für Wirtschaftsprüfer schwierig zu identifizieren.
Ein weiterer Grund ist die größere Reichweite von ESG-Faktoren. Zwar können diese Faktoren emittentenspezifisch sein, sie erstrecken sich jedoch häufig auch auf Sektor, Region und – in einigen Fällen – auf umfassendere langfristige oder systemische Problembereiche. Die Gefahr eines Übergreifens ist nicht nur auf die Ebene der Fundamentaldaten begrenzt, sondern kann im Laufe der Zeit auch die technischen Rahmenbedingungen für die Käuferbasis und die Investierbarkeit von Wertpapieren beeinträchtigen. Aus den zurückliegenden Jahren sind mehrere Fälle bekannt, in denen Sektorstress mit verschärften Anlagerichtlinien einherging, wodurch es ausgerechnet dann zu einer Verschlechterung des Kapitalmarktzugangs kam, als dieser am dringendsten benötigt wurde.
Unser ESG-Fokus schließt auch die Makroebene ein, insbesondere vor dem Hintergrund der Auswirkungen, die politische und geopolitische Faktoren auf die Risikoprämien haben können. Einschätzungen zu Notenbankpolitik, politischer Stabilität und Einflussmöglichkeit, institutioneller Stärke und zu potenziell sensiblen Branchen bilden die Basis des Risikobewertungsrahmens für jedes Land – mit besonderem Fokus auf Schwellenländer. Beispielhaft können hier die im vergangenen Jahr in einigen Ländern unerwartet erfolgten aufsichtsrechtlichen und politisch motivierten Entscheidungen rund um Schürfrechte und Minenbesteuerung genannt werden.
Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Corporate Governance, dem vielleicht am schwierigsten zu bewertenden ESG-Faktor, der in der jüngeren Vergangenheit jedoch in einigen spektakulären Fällen die Hauptursache hoher Kapitalverluste war. An den Märkten treten immer häufiger aktivistische Aktionäre in Erscheinung, die Kapitalmärkte stehen Fusions- und Übernahmeaktivitäten (M&A) sehr aufgeschlossen gegenüber, die Produktzyklen scheinen zusehends kürzer zu werden und der Anleihegläubigerschutz wurde in den vergangenen Jahren immer weiter ausgehöhlt. Einblicke in die Transparenz einer Unternehmensstrategie sowie in die Fähigkeit des Managements, schwierige Marktbedingungen zu meistern und Spannungen mit Stakeholdern zu identifizieren, spielen eine zentrale Rolle bei der umfassenden Bewertung des Rendite-Risiko-Profils von Einzeltiteln. Aus welchem Grund entscheidet sich ein Unternehmen, das mit den Chancen eines investitionsgetriebenen Wachstums in neuen Regionen wirbt, für einen Dividendendeal und nimmt sich in seiner Anleihedokumentation unangemessen große Freiheiten heraus? Dies ist insbesondere in Europa weit verbreitet, wo Anleihegläubiger tendenziell weniger aktivistisch sind und wo sich eine Kultur des Dialogs auf Augenhöhe analog zu den USA nur langsam entwickelt. Die ESG-Analyse muss sämtliche Risikoebenen durchleuchten – vom Länderrisiko über das Sektorrisiko bis hin zum Emittenten- und Wertpapierrisiko.
Der Zugang zu Unternehmen ist von zentraler Bedeutung. Zudem müssen Anleihegläubiger bei ihrem ESG-bezogenen Unternehmensdialog selbstbewusster auftreten. Bei Allianz Global Investors sind ESG-, Aktien- und Anleiheanalysten für das Unternehmensengagement zuständig. Um eine entsprechende Konsistenz zu gewährleisten, wurde ein spezifischer Analyserahmen für ESG-Sektoren entwickelt. Ein kollaborativer Ansatz unterstützt die Identifizierung und Klärung von Unstimmigkeiten in der Risikowahrnehmung zwischen verschiedenen Risikoklassen, und durch unsere globale Ausrichtung sind wir in der Lage, eine größere Anzahl der auftretenden Risiken zu erfassen. Darüber hinaus arbeiten wir als Unternehmen aktiv auf die Ausweitung unseres Einflusses hin, nicht nur durch Stimmrechtsausübung und Unternehmensdialog, sondern auch durch Engagement in Branchen-/Wirtschaftsverbänden/-netzwerken (z. B. International Corporate Governance Network, European High Yield Association) und in Initiativen für nachhaltige Investments (z. B. UN PRI).
Im Zuge des Übergangs zu einer defensiveren Ausrichtung des Marktes und einer stärkeren „Winning by not losing“-Mentalität der Investoren wird sich der Anwendungsbereich der ESG-Analyse von einem Ansatz auf Basis vorgefertigter externer Ratings weiter in Richtung eines breiteren Emittentendialogs zur Absicherung von Portfolios gegenüber idiosynkratischen Risiken und hohen Kapitalverlusten entwickeln. Dies entspricht unserem Verständnis von „aktiv“.
Investieren birgt Risiken. Der Wert einer Anlage und die Erträge daraus können sowohl sinken als auch ansteigen und Investoren erhalten den investierten Betrag möglicherweise nicht in voller Höhe zurück. Die hierin enthaltenen Einschätzungen und Meinungen sind die des Herausgebers und / oder verbundener Unternehmen zum Zeitpunkt der Veröffentlichung und können sich – ohne Mitteilung hierüber – ändern. Die verwendeten Daten stammen aus unterschiedlichen Quellen und wurden als korrekt und verlässlich betrachtet, jedoch nicht unabhängig überprüft; ihre Vollständigkeit und Richtigkeit sind nicht garantiert und es wird keine Haftung für direkte oder indirekte Schäden aus deren Verwendung übernommen, soweit nicht durch grobe Fahrlässigkeit oder vorsätzliches Fehlverhalten verursacht. Bestehende oder zukünftige Angebots- oder Vertragsbedingungen genießen Vorrang. Hierbei handelt es sich um eine Marketingmitteilung. Herausgegeben von Allianz Global Investors GmbH (www.allianzglobalinvestors.eu), einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, gegründet in Deutschland mit eingetragenem Sitz in Bockenheimer Landstr. 42 – 44, D-60329 Frankfurt / Main, zugelassen und beaufsichtigt von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (www.bafin.de). Diese Mitteilung genügt nicht allen gesetzlichen Anforderungen zur Gewährleistung der Unvoreingenommenheit von Anlageempfehlungen und Anlagestrategieempfehlungen und unterliegt keinem Verbot des Handels vor der Veröffentlichung solcher Empfehlungen. Die Vervielfältigung, Veröffentlichung sowie die Weitergabe des Inhalts in jedweder Form ist nicht gestattet.
Zusammenfassung
Die Allianz Global Investors ESG Experten Steffen Hoerter und Glenn Oliver Anderson haben den aktuellen Stand im Hinblick auf die geplante Regulierung Nachhaltiger Finanzierung und Kapitalanlagen (ESG) durch den 10 Punkte Plan der EU zusammengefasst. Insbesondere werden Anforderungen für Institutionelle Anleger, Asset Manager sowie den Vertrieb analysiert. Der aktuelle Schwerpunkt der EU liegt auf dem Erreichen der Pariser Klimaziele und „grüner“ Impact Kapitalanlagen.