Zins- und Zeitenwende meistern

Realitätscheck - warum die Märkte die Risiken neu bewerten

Die globalen Märkte erwarteten bereits schwache US-Daten, um die Zinssenkungen der Federal Reserve zu rechtfertigen. Als sie jedoch mit der Realität noch schwächerer Zahlen - in Form des US-Arbeitsmarktberichts vom vergangenen Freitag - konfrontiert wurden, erschraken sie regelrecht. Hintergrund ist die allgemeine Schwäche des Technologiesektors, die auch durch die Zinserhöhung der Bank of Japan nicht gelindert werden konnte. Auch wenn der Ausverkauf mittelfristig übertrieben sein mag, werden sich die Anleger auf die Folgen einstellen wollen.

In Japan haben mehrere Einflussfaktoren zu einem starken Abverkauf an den Märkten geführt. Auch wenn diese Faktoren nicht alle direkt miteinander zusammenhängen, kann sich jede Marktreaktion gerade nach der über Monate währenden Rallye an den Märkten und in einem Umfeld mit geringer Liquidität während der Urlaubsmonate selbst verstärken. Die plötzlichen Schwankungen, die von einem extrem niedrigen Niveau aus kommen, könnten gerade einige risikoorientierte Anleger zum Rückzug zwingen.

Einige Faktoren gilt es in der aktuellen Situation besonders zu beachten:

  • Der am 2. August veröffentlichte US-Arbeitsmarktbericht zeigte einen unerwarteten Anstieg der Arbeitslosigkeit. Wir glauben nicht, dass diese Daten auf eine unausweichliche Rezession in den USA für hindeuten. Unserer Ansicht nach verringert der Bericht jedoch die Wahrscheinlichkeit einer "No-Landing"-Situation - bei der die Wirtschaft trotz aller Bemühungen der Zentralbank, die Inflation zu dämpfen, weiter expandiert - und erhöht die Wahrscheinlichkeit einer sanften Landung oder einer Rezession. Unser Basisszenario bleibt vorerst eine weiche Landung, wobei wir uns des Risikos einer Rezession weiter bewusst sind. Einige Anleger waren nicht auf eine Rezessionswahrscheinlichkeit eingestellt (wie die extrem niedrige Volatilität der letzten Zeit zeigt), und die jüngsten Marktaktivitäten signalisieren eine Neubeurteilung der Aussichten. Die Neubewertung des Risikos erklärt auch, warum der VIX-Index, der als "Angstmesser" der Wall Street bekannt ist, den höchsten Stand seit 2022 erreicht hat.
  • Das Ausbleiben positiver Nachrichten von Chinas jüngstem dritten Plenum - einer alle fünf Jahre stattfindenden Vertiefung der Sozial- und Wirtschaftspolitik - verstärkte ebenfalls die Unsicherheit der Prognosen. In der Erklärung wurden zwar Massnahmen zur Förderung des Konsums angedeutet, aber es gab nur wenige Details.
  • Auf den ersten Blick stützen die jüngsten US-Daten eine Zinssenkung der US-Notenbank (Fed) - alles in allem also eine positive Nachricht für die Märkte. Doch auch in diesem Umfeld bleiben schlechte Nachrichten schlicht und einfach "Bad News". Die Märkte ignorieren - zumindest im Moment - das Potenzial für weitere gute Nachrichten in Form von bevorstehenden Zinssenkungen und geringeren Inflationsrisiken. Gleichwohl werden wir die kommenden US-Daten weiter beobachten, um zu sehen, ob sich unser Szenario einer weichen Landung bewahrheitet und die Rezessionsgefahr unter Kontrolle ist. Die "Mikro"-Daten zum US-Konsum fallen zwar nicht sonderlich gut aus (Reisen, Restaurants usw.), doch sie sind auch nicht dramatisch schlecht. Sie passen sogar recht gut zu einer milden Abschwächung der US-Wirtschaft. Selbst nach den Daten vom Freitag bleibt die Arbeitslosigkeit in den USA auf einem sehr niedrigen Niveau. Bei weiteren Negativdaten könnte es zwar zu einer grösseren Umschichtung von Aktien in Anleihen kommen, aber nach dem jüngsten Renditeanstieg scheint das Potenzial hier begrenzt.
  • Die von den "Magnificent Seven", den sieben grössten Technologiewerten, gemeldeten Gewinne fielen eigentlich gar nicht so schlecht aus - das Problem ist jedoch, dass die Erwartungen zuvor sehr hoch waren. Eine Umfrage der Bank of America ergab, dass insgesamt viele Marktteilnehmer stark im Technologiesektor engagiert sind, weshalb kurzfristige Gewinnmitnahmen normal sind. Wir sind der Meinung, dass die langfristigen Anlageargumente für den Technologiesektor angesichts der KI-Revolution und des digitalen Darwinismus weiterhin Bestand haben.
  • Der kritischste - und möglicherweise übersehene - Faktor, der sich auf die globale Finanzstabilität auswirkt, ist unserer Ansicht nach die Entscheidung der Bank of Japan von letzter Woche, ihren Leitzins anzuheben. Viele Anleger nutzten den JPY aufgrund der vorhersehbaren Schwankungen der Währung als Mittel zur Finanzierung bzw. „Carry“. Die vom Markt nicht erwartete Intervention der BOJ hat dieses Modell effektiv "auf den Kopf gestellt" und das Ergebnis sind umfangreiche Umschichtungen, die von den Anlegern vorgenommen wurden, um diese Geschäfte herunterzufahren. Neben dem japanischen Aktienmarkt wird sich diese Veränderung wahrscheinlich auch auf Schwellenländer wie den mexikanischen Peso auswirken und könnte auch die Schwäche des Nasdaq teilweise erklären.
Wie sollten Anleger reagieren?

Auch wenn es sich um eine Marktreaktion auf schwache Wirtschaftsdaten handelt und nicht um eine grundlegende Veränderung der Fundamentaldaten, sollten die Anleger die Auswirkungen dieser Situation im Auge behalten:

  • Anleger in japanischen Aktien sollten sich bewusst sein: Angesichts der überzogenen Korrektur und einer steigenden Währung könnte es zu spät sein, das Exposure zu reduzieren. Vielmehr stellt sich die Frage, ob man den Yen als Safe-Haven-Anlage aufstocken sollte, wenn eine weitere Aufwertung der Währung zu mehr Marktvolatilität führt.
  • Bei US-Aktien bevorzugen wir in unseren fundamentalen Multi-Asset-Portfolios nur eine geringfügige Long-Position und werden die weiteren US-Wirtschaftsdaten und natürlich den Verlauf der US-Wahlen beobachten.
  • Ein weiterer Anstieg der Anleiherenditen wird von den längerfristigen US-Wirtschaftsdaten abhängen. Kurzfristig könnten die Renditen unterdurchschnittlich ausfallen, wenn die Marktunsicherheit aufgrund der Trendwende am Aktienmarkt und der Tatsache, dass viele Anleger immer noch in Cash und bei Anleihen neutral investiert sind, anhält. Unserer Ansicht nach sollten Strategien, die auf eine Versteilung der Zinsstrukturkurve setzen, vorerst beibehalten werden.
  • Die Kreditmärkte sollten im Auge behalten werden. Während die Fed die Volatilität an den Aktienmärkten relativ gelassen sehen dürfte, ist es wahrscheinlicher, dass sie eingreift, wenn die Anleihemärkte anfällig erscheinen. Diese Massnahme würde wahrscheinlich eher in Form von Marktinterventionen als in Form einer Zinssenkung zwischen den offiziellen Sitzungsterminen erfolgen.
  • Der US-Dollar könnte sich weiter abschwächen, wenn die Fed die Zinsen wie vom Markt erwartet im Jahr 2024 um 100 Basispunkte senkt, was auch für die Anleihen der Schwellenländer ein kritischer Faktor wäre. Letztere könnten auch Schwierigkeiten haben, die jüngsten Nachrichten aus China zu verdauen.

Fazit: Langfristig orientierte Anleger, die zurzeit noch an der Seitenlinie stehen, werden wahrscheinlich noch einige Tage abwarten wollen, bevor sie über einen Wiedereinstieg nachdenken, denn der Verkaufsdruck bei steigender Volatilität könnte anhalten.

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