Update Magazin II/2023
„Der Abgesang? Geht an der Realität vorbei!”
Die Preise für neue Private-Equity-Investments? Dürften sinken, sagt Michael Lindauer. Trotzdem werde die Anlageklasse weiterhin Marktanteile im Vergleich zu börsengehandeltem Kapital gewinnen können, so der CIO für den Bereich Private Equity bei Allianz Capital Partners (ACP).
First things first – wie werden sich die Preise für neue Private-Equity-Investments im aktuellen Umfeld entwickeln?
Michael Lindauer: Wir rechnen mit sinkenden Preisen für neue Private-Equity-Investments. Ich glaube, dass sich der Markt etwas konsolidiert. Nach dem steilen Anstieg der Zinsen wechselt der Markt von einer zehnjährigen Boom-Phase nun in eine normalisierte Entwicklung mit abgeflachtem Wachstum.
Sind in den aktuellen Preisen der neuen PE-Investments alle Gefahren oder Unsicherheiten eingepreist?
Michael Lindauer: Wir befinden uns derzeit tatsächlich noch in einer Anpassungsphase. Die Transaktionsvolumina sind derzeit gering, Käufer und Verkäufer können sich noch nicht so recht einigen. Das sind Symptome, wie sie aber typisch sind für eine solche Übergangsphase. Diese Phasen dauern erfahrungsgemäß ungefähr ein Jahr. Die Marktteilnehmer brauchen einfach einen Konsens darüber, wie die Zukunft ausschaut. Wir rechnen damit, dass es 2024 wieder so weit sein dürfte.
Unsicherheit gilt als Feind des „Dealmakings“, heißt es. Was meinen Sie – sehen Sie schon Anzeichen dafür, dass wieder mehr Planungssicherheit einkehrt?
Michael Lindauer: In Teilen ist schon ein wenig mehr Klarheit eingezogen. Das war vor wenigen Monaten noch anders, als gefühlt ein Problem das nächste jagte. Nun besteht beispiels weise grundsätzlich Klarheit darüber, dass das Umfeld von einer Rezession, zumindest von schwachem Wachstum geprägt ist.
Käufer und Verkäufer können sich noch nicht so recht einigen. Das sind Symptome, wie sie aber typisch sind für eine solche Übergangsphase.
Wie geht Ihr Haus mit einem solchen Umfeld um?
Michael Lindauer: Wir gehen neue Investments aktuell zurückhaltender und selektiver an. Das bedeutet folglich auch, dass unser Exposure für PE nicht weiter steigen wird – aber mit Blick auf das zuvor hohe Wachstum sollte man eigentlich eher von einer Nivellierung sprechen. Wir verstehen uns bekanntlich als ein langfristiger Investor und wählen einen stetigen Kurs.
Wie stark wird der Rückgang ausfallen?
Michael Lindauer: Es gibt aktuell noch zu wenig Transaktionen, um Rückschlüsse auf das Ausmaß des Rückgangs zu ziehen – die Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern liegen noch zu weit auseinander. Aber um Ihre Frage zu beantworten: Ich denke, die EBITDA-Multiples für die Assets könnten um ein bis drei Punkte sinken. Wir werden daher unser bestehendes PE-Portfolio aus den Ankaufsjahren 2020 und 2021 voraussichtlich länger als die fünf Jahre halten, die in anderen Marktsituationen üblich sind. Das bedeutet vor allem eines: Wir können zusätzlich ein bis zwei Jahre engagiert bleiben. In der Zeit können wir die operative Performance der Firmen weiter verbessern und an deren Gewinnen partizipieren. Damit sinkt zwar die immer noch zweistellige Internal Rate of Return – doch der Gesamterlös bleibt hoch.
Kein Wunder, wenn manche den Abgesang auf Private Equity anstimmen, oder?
Michael Lindauer: Der Abgesang geht in meinen Augen an der Realität vorbei. Seit dem Platzen der Dotcom-Blase haben Private-Equity-Investoren gelernt, wie man mit derlei Situationen umgeht. Ich gehe daher davon aus, dass der Marktanteil von Beteiligungskapital im Vergleich zu börsengehandeltem Kapital weiter zulegen kann.
Ich gehe davon aus, dass der Marktanteil von Beteiligungskapital im Vergleich zu börsengehandeltem Kapital weiter zulegen kann.
Absicherungen sind also derzeit ein Thema für Sie?
Michael Lindauer: Ja, unsere Fondsmanager haben den Anstieg des Zinses zumindest für einige Zeit durch Absicherungen gemildert. In Zahlen: 60 bis 70 Prozent des Finanzierungsvolumens sind für einen Zeitraum von bis zu 24 Monaten gehedgt und die Laufzeit vieler Kredite ist in Richtung 2026 verlegt worden.
Ein schwieriges Umfeld – wie gemacht für Secondaries?
Michael Lindauer: Es ist grundsätzlich nicht schlecht, wenn Investoren viele Beteiligungen verkaufen müssen. Beispielsweise wegen des Denominator - Effekts – wenn also Private Markets in Relation zu anderen Assets an Wert gewonnen haben, sodass sie im Portfolio das angepeilte Gewicht überschreiten und daher Positionen reduziert werden müssen. Allerdings will auch niemand in das berühmte fallende Messer greifen.
Wir verstehen uns bekanntlich als ein langfristiger Investor und wählen einen stetigen Kurs.
Mit Blick auf die Studien, die eine steigende Beliebtheit der Private Markets konstatieren: Gibt es auf PE-Seite so etwas wie einen TINA-Effekt – there is no alternative – wie er für Aktien lange galt?
Michael Lindauer: PE ist sicherlich weniger Nische als noch vor ein paar Jahren. Viele Marktteilnehmer haben schon entsprechend allokiert. Dazu kommt, dass die realen Renditen in Relation zu Anleihen und deren gestiegenen Zinsen gesunken sind. Mit anderen Worten: Es ist sicherlich schwieriger geworden, mit PE Geld zu verdienen. Aber das ist in gewisser Weise auch ein „back to basics“. Es geht darum, kreative Anlageideen zu entwickeln und umzusetzen und klare Pläne für operative Wertsteigerungen mitzubringen. Das sind also nicht die schlechtesten Voraussetzungen für aktive Manager.