Gerhard Single, Head of Family Offices, Allianz Global Investors, im Gespräch mit |
Kerstin Keller, Head of Institutional Marketing, Allianz Global Investors |
Kaum einen Begriff greifen Medien aktuell so häufig auf wie den des Family Office. Wundert Sie das?
Gerhard Single: Erstaunlich ist es schon. Ganz so
eindeutig wie er klingt, ist der Begriff nämlich nicht.
Abgesehen davon, dass er nicht geschützt ist, existiert
auch keine klare Definition. Am ehesten greifbar
ist noch die Unterscheidung zwischen Single Family
Offices und Multi Family Offices – trotz teilweise
gewisser Parallelen in der Ausgestaltung und Umsetzung
bei der Strukturierung von Familienvermögen.
Single Family Offices werden meist von Familien
gegründet, die über institutionelle Vermögensgrößen
von mindestens 200 bis 300 Millionen Euro
verfügen. Ziel ist es, sich um die finanziellen, hin
und wieder auch um die darüberhinausgehenden
alltäglichen Belange der Familienmitglieder zu
kümmern. Der Fokus liegt aber ganz klar auf dem
realen Erhalt und der Vermehrung des Familienvermögens.
Das erste Single Family Office wurde
1838 von der Familie Morgan in den USA gegründet,
das damals bekannteste war das 1882 etablierte
der Familie Rockefeller.
Multi Family Offices dagegen bieten vermögenden
Investoren unterschiedliche Dienstleistungen an –
je nach Lizenzierung reicht das Spektrum hier vom
reinen Reporting oder das Controlling bis hin zur
klassischen Vermögensverwaltung. In diesem Bereich
tummeln sich auch Banken, die manchmal
unter dem eigenen Namen, manchmal unter einer
gesonderten Firmierung Multi Family Office Dienstleistungen
für ihre exklusivsten Kunden erbringen.
Was sind die Gründe für die anhaltende Popularität von Family Offices?
Gerhard Single: Auch hier begegnen wir wieder
einer großen Vielschichtigkeit. Was Single Family
Offices betrifft, liegt es sicher daran, dass sich immer
häufiger mittelständische Unternehmer von
ihrem Firmen trennen. Gründe hierfür sind nicht
selten Probleme bei der Nachfolgeregelung, aber
auch dass wegen einer regen M&A-Tätigkeit aktuell
attraktive Preise für Firmen gezahlt werden. Ist
der Verkauf dann abgeschlossen, erkennen die Unternehmer
immer öfter, dass die Gründung eines
Single Family Office die beste Lösung ist, um das
Vermögen zu verwalten und den Zusammenhalt
der Familie zu fördern.
Hinzu kommt ein zweiter Grund: Sowohl die Finanzkrise
2008 / 2009 als auch der Fall Schlecker sein kann, nicht alle Vermögenswerte, Anlagen
und Investitionen im eigenen Unternehmen zu
haben, sondern sich etwa über Ausschüttungen
ein Single Family Office neben dem florierenden
Unternehmen aufzubauen.
Bei Multi Family Offices sieht es etwas anders aus.
Ihre Popularität und die hohe Anzahl an Neugründungen
ist darauf zurück zu führen, dass viele Banken
sich von Mitarbeitern trennen oder diese freiwillig
den Weg in die Selbständigkeit wählen und dass
diese mit einer kleinen Auswahl an bisher betreuten
Kunden ein Multi Family Office gründen. Zudem
führt auch die durch eine negative Presse geschürte
Bankenverdrossenheit dazu, dass immer mehr Multi
Family Offices entstehen.
Was ist das Besondere an der Investmentphilosophie von Single Family Offices?
Gerhard Single: So etwas wie eine einheitliche Investmentphilosophie
gibt es schlichtweg nicht, Im
Gegenteil: Mir ist keine professionelle Investorengruppe
bekannt, die im Hinblick auf ihr operatives
Setup und ihre Investmentphilosophie heterogener
ist als die der Single Family Offices. Dies ist auch
nicht weiter verwunderlich, wenn man bedenkt,
dass das Familienunternehmen bei einigen Single
Family Offices bereits verkauft wurde, bei anderen
noch immer eine dominante Rolle spielt, da es den
Großteil des Familienvermögens ausmacht. Oftmals
ist bei mittelständischen Unternehmen der
CFO nicht nur für die Finanzen der Firma zuständig,
sondern auch für das Familienvermögen. Wir sprechen
hier von einem integrierten Family Office, das
zwar separiert betrachtet wird, aber doch vollständig
im Unternehmen steckt. Aber auch bei Single Family Offices mit vergleichbarem Hintergrund
gleicht nahezu keines dem anderen.
Grundsätzlich kann man sagen, dass die meisten
Single Family Offices aufgrund ihrer institutionellen
Vermögensgröße ihre Investitionen entsprechend
professionell verfolgen. Weil sie sich auf die Verwaltung
des eigenen Vermögens konzentrieren,
unterliegen sie im Vergleich zu anderen institutionellen
Investoren zudem keinerlei Beschränkung
hinsichtlich der Investition in Alternative Investments
oder Beteiligungen. Nicht selten allokieren
Single Family Offices an Stelle von Anleihen lieber
konservative Hedgefonds-Strategien, Immobilien
oder Infrastrukturprojekte/-Investitionen, um ein
vergleichbares Chance-Risiko-Profil zu erreichen.
Wieso ist Allianz Global Investors ein so interessanter Partner für Family Offices?
Gerhard Single: Für Single Family Offices und Familienunternehmer
sind wir aus unterschiedlichen
Gründen ein geschätzter Partner. Seit der Finanzkrise
etwa findet das Thema Kontrahenten- und
Reputationsrisiko bei vermögenden Familien und
Familienunternehmern eine starke Beachtung.
Mit einer soliden und hinsichtlich ihrer Reputation
über jeden Zweifel erhabenen Allianz-Gruppe als
Mutter im Rücken sind wir hier sehr gut aufgestellt.
Darüber hinaus sind unser breitgefächertes Angebot
und unsere Risikomanagement-DNA wie geschaffen
für die Bedürfnisse der Single Family Offices und
deren Interesse an unterschiedlichen Assetklassen
und Investmentthemen.
Auf der Investmentseite bieten wir nahezu alles
an – von traditionellen Aktien- und Renteninvestitionen
in Europa, den USA und Asien über innovative
liquide und illiquide alternative Investmentstrategien
bis hin zu einem umfassenden Risiko-Overlay-Management, also einer gesamthaften Risiko- und
Investitionsquotensteuerung. Wenn gewünscht,
kann ein erfahrenes Team von Analysten aus unserem
Haus sogar den Due Diligence Prozess und
die Auswahl externer Manager für unsere Kunden
übernehmen. Umgesetzt werden können Mandate
bei uns wahlweise über ein Managed Account, einen
Spezialfonds oder - wenn verfügbar - über einen
Publikumsfonds. Bei Bedarf berät unser Risikomanagementteam
Single Family Offices außerdem
bei der Erstellung und Umsetzung ihrer Strategischen
Asset Allocation.
Multi Family Offices, die als Vermögensverwalter
agieren und für ihre Kunden in Aktien-, Rentenund
Investmentfonds investieren, bietet AllianzGI
eine umfassende Auswahl an interessanten Strategien
für Aktien, Renten und Liquid Alternatives, die
in Form eines Investmentfonds bereitgestellt werden
und sich in der Praxis bewährt haben.
Was macht AllianzGI in der Betreuung von Single Family Offices anders als andere Anbieter?
Gerhard Single: Ich denke, dass unsere Kunden
besonders unser Netzwerk innerhalb der Family
Office Community schätzen. Nach Aussagen unserer
Kunden ist es uns gelungen, in den letzten
Jahren eine der renommiertesten Konferenzen im
deutschsprachigen Raum für diese Investorengruppe
zu etablieren. Positiv wird außerdem
wahrgenommen, dass diese Kundengruppe bei
AllianzGI von einem eigens darauf spezialisierten
Team betreut wird.
Darüber hinaus stehen wir als Sparring Partner zur
Verfügung, wenn ein neues Single Family Office
gegründet werden soll. Dabei orchestrieren wir
etwa Treffen mit anderen, im Single Family Office Bereich bereits erfahrenen Familien, um über eine
mögliche Vernetzung einen Mehrwert zu schaffen,
der über unser eigentliches Angebot hinausgeht.
Dies kann auch für bereits etablierte Single Family
Offices erfolgen und Bereiche betreffen, die nicht
zu unserer Kernkompetenz gehören, wie z. B. Family
Governance oder die Nachbesetzung von Single
Family Officern. Über unser erfahrenes Master-KVGTeam
können wir zu guter Letzt sowohl bei Neugründungen
als auch beim neuen Aufsetzen bereits
etablierter Family Office Strukturen eine entsprechende
Investmentinfrastruktur bereitstellen. Ich
denke, der größte Beweis für die Zufriedenheit
unserer Kunden ist, dass wir wichtige Neukontakte
zumeist über Empfehlungen erhalten.
Sie sind für die Family Offices in Deutschland, Österreich und der Schweiz verantwortlich, wobei Deutschland und die Schweiz sicherlich die bedeutendsten Family Office Märkte in Kontinentaleuropa sind. Worin unterscheiden sich die beiden Märkte?
Gerhard Single: In Deutschland gibt es insbesondere
Single Family Offices, hinter denen deutsche
Familien stehen. Die relativ hohe Anzahl an hochvermögenden
Familien in Deutschland hängt mit
dem deutschen Mittelstand zusammen, der sich
zumeist in der Nachkriegszeit etabliert hat und
eine große Erfolgsgeschichte ist.
Im Vergleich dazu gibt es in der Schweiz bei Single
Family Offices eine größere Durchmischung der
Nationalitäten. Dort findet man deutsche Familien
ebenso wie dänische, italienische oder englische,
aber auch von außerhalb Europas, etwa aus Indien,
Brasilien, dem Mittleren Osten oder Russland. Vergleichbar
ist diese Internationalität nur mit dem Single
Family Office Markt in Großbritannien. Österreich
ist kleiner, aber relativ zur Größe des Landes gibt es
dort auch bedeutende Family Offices und sehr erfolgreiche
Familienunternehmen.
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Zusammenfassung
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