Ungleichheit: die Rolle der Geldpolitik

Ungleichheit: die Rolle der Geldpolitik

Zusammenfassung

Seit Anfang der 1980er Jahre hat weltweit die Einkommens- und auch Vermögensungleichheit deutlich zugenommen. Dies gilt nicht nur für entwickelte Industrieländer, sondern, mit wenigen Ausnahmen, auch für Schwellenländer. Besonders augenfällig ist die Entwicklung in den USA: Der Gini-Koeffizient – ein übliches statistisches Maß für Ungleichheit – ist auf dem höchsten Wert seit den 1930er Jahren. Der Rückenwind für populistische Parteien und Politiker seit Mitte der 1980er Jahre, insbesondere seit Ausbruch der Finanzkrise, und der Einsatz unkonventioneller geldpolitischer Instrumente sowie historisch niedrige, z. T. negative Nominalzinsen, gaben der Diskussion um Ungleichheit neuen Aufwind.


Update Magazin III/2018
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Gründe für steigende Ungleichheit: die konventionelle Argumentationslinie

Als Hauptursache für zunehmende Einkommensdivergenz wird in der wissenschaftlichen Literatur zumeist die in den 1970er und 1980er Jahren beginnende Automatisierung von Produktionsprozessen angesehen, die dafür sorgte, dass manuelle und repetitive Tätigkeiten zunehmend von Maschinen und neuen Technologien übernommen wurden. Der Aufschwung im internationalen Handel Anfang der 1980er Jahre, der durch die wirtschaftliche Öffnung Chinas (ab 1979) und den Zusammenbruch des Kommunismus (1989/90) beschleunigt wurde, steht dabei in einem engen Zusammenhang mit der Automatisierung, ermöglichte und erleichterte er doch die Verlagerung von Produktionsstandorten im großen Stil ins Ausland.

Konsequenz: Die Nachfrage nach und damit auch die Kompensation von hochqualifizierten und gut bezahlten Beschäftigten ist überdurchschnittlich angestiegen, während die Entlohnung von Geringqualifizierten inflationsbereinigt sogar rückläufig war. Die Dynamik in der Entlohnung von Beziehern mittlerer Einkommen war zwar leicht positiv, allerdings ist der Anteil der Beschäftigten dieser Einkommensgruppe zurückgegangen. Gerade die mittlere Einkommensgruppe litt besonders unter der Verdrängung von Routinetätigkeiten durch neue Technologien.

Ein weiterer Erklärungsansatz für die zunehmende Einkommensdivergenz verweist auf die rückläufige gewerkschaftliche Organisation von Arbeitnehmern. Die damit verbundene gesunkene Verhandlungsmacht bei Lohnverhandlungen traf besonders untere und mittlere Einkommensschichten.

Auch der Finanzsektor wird als erklärender Faktor für gestiegene Ungleichheit angeführt. Von der gestiegenen internationalen Kapitalmobilität infolge der Kapitalmarktderegulierung der letzten Jahrzehnte profitier(t)en besonders größere und international ausgerichtete Unternehmen sowie deren Beschäftigte. Gerade in Schwellenmärkten stellt auch der Zugang zu Finanzinstrumenten und die damit verbundene Möglichkeit, Können und Wissen zu erwerben bzw. zu hebeln (z. B. in Form von Ausbildungskrediten), einen Erklärungsansatz dar. Jedoch wird die Bedeutung des Finanzsektors für die Erklärung zunehmender Ungleichheit relativ zu den realwirtschaftlichen Entwicklungen (Automatisierung, internationaler Handel) als deutlich untergeordnet angesehen.

Sowohl staatliche Umverteilung in Form eines progressiven Steuersatzes auf Einkommen als auch Erbschafts- bzw. Vermögenssteuern führen schließlich dazu, dass die Ungleichheit nach Steuern deutlich geringer ausfällt als vor Steuern, ohne dass es zwingend zu einer negativen Wachstumsauswirkung kommen muss.

Geldpolitik und Ungleichheit: die Sichtweise der Zentralbanken

Zentralbanken teilen im Kern die oben genannten Einschätzungen. Ungleichheit wird demnach primär durch Faktoren erklärt, die außerhalb der Kontrolle der Geldpolitik liegen, nämlich technologischer Wandel und Globalisierung. Die ultraexpansive Notenbankpolitik weltweit seit 2007 wird keinesfalls als eine weitere Ursache für Ungleichheit angesehen, sondern hätte – ganz im Gegenteil – positive Verteilungseffekte. Warum?

Der geldpolitische Stimulus sorgte für eine Erholung der Wirtschaft und folglich auch für eine deutliche Verbesserung der Arbeitsmärkte und des verfügbaren Arbeitnehmerentgelts. Zwar nehmen auch die Unternehmens- und Vermögenseinkommen zu und die Nettozinseinnahmen der privaten Haushalte sinken im Niedrigzinsumfeld. Der Nettoeffekt auf die Einkommensverteilung ist aber positiv. Ein Zitat von Mario Draghi aus dem Jahr 2016 fasst diese Denkweise sehr gut zusammen: „ Monetary policy actions that boost the economy typically reduce income inequality ...“ Dies schließt nicht aus, dass sich die Vermögensungleichheit in Folge eines geldpolitischen Stimulus erhöht. Der Nettoeffekt auf die Vermögensverteilung hängt aber letztlich davon ab, welche Assetklassen (Rentenpapiere, Aktien, Immobilien) in welchem Umfang steigen, welche Assetallokation private Haushalte haben (es gibt deutliche Unterschiede je nach Land) und wie die verschiedenen Assetklassen finanziert werden (Eigen- oder Fremdkapital).

Mittel- bis langfristig wäre Geldpolitik, so die Sicht der Notenbanken, aber ohnehin verteilungsneutral: Wenn die Geldpolitik symmetrisch ist, d. h. Phasen geldpolitischer Stimulierung und Straffung ähnlich stark ausgeprägt sind, sollten sich die positiven und negativen Verteilungseffekte im Zeitablauf ausgleichen.

Asymmetrische Geldpolitik seit den 1980er Jahren

Gerade diese Annahme kann und muss man aber in Frage stellen, wie wir bereits in früheren Studien herausgestellt haben. Wir teilen hier u. a. die Meinung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich.

Auf Basis unserer Schätzungen war die Geldpolitik in den USA und Europa im Mittel seit den 1980er Jahren etwas zu locker und unter dem geschätzten „neutralen“ Wert, bei dem die Wirtschaft weder stimuliert noch abgebremst wird (siehe Grafik A/): In Rezessionszeiten bzw. in Antizipation möglicher Verwerfungen auf den Kapitalmärkten (die Fed gab Ende 1999 einen Liquiditätsschub, um mögliche Verwerfungen in den Finanzmärkten aufgrund potenzieller „Y2K-Computerfehler“ abzufedern) wurde die Geldpolitik gelockert. Eine rückläufige Güterpreisinflation rechtfertigte es dann aber aus Sicht der Zentralbanken, die Zinsen in wirtschaftlichen Boomphasen nicht übermäßig zu erhöhen. Gleichzeitig steigende Assetpreise spielten lange für die Geldpolitik keine Rolle („Jackson Hole Consensus“). Selbst heute, mehr als zehn Jahre nach Ausbruch der globalen Finanzkrise, ist die Relevanz von Assetpreisen für die Geldpolitik alles andere als klar und spielt höchstens eine untergeordnete Rolle in der Zielfunktion von Zentralbanken. Lockere finanzielle Konditionen für den Unternehmenssektor sind die Folge. Dies gilt auch am aktuellen Rand: Bei einem nominalen Trendwachstum in den USA von ca. 3,5 % liegt die „neutrale“ nominale Fed Funds Target Rate eher bei 3 % als bei aktuell knapp 2 %. Der von der Chicago Fed errechnete Index für Finanzkonditionen deutet ebenfalls auf ein deutlich zu lockeres Niveau hin – und dies schon seit 2013. Wir kommen für die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bank von England (BoE) zu einer ähnlich gelagerten Einschätzung. In Japan war gerade in den Jahren nach dem Plaza Accord 1985 und vor Platzen der Blase 1989/90 die Geldpolitik ebenfalls zu expansiv, als die Yen-Stärke und folglich eine relativ niedrige Güterpreisinflationsrate die Bank von Japan (BoJ) von einer restriktiveren Geldpolitik abgehalten hatten.

A/ US-Notenbankzins, relativ zum neutralen Wert vs. Index der Chicago FED für finanzielle Konditionen

US-Notenbankzins, relativ zum neutralen Wert vs. Index der Chicago FED für finanzielle Konditionen

Quelle: Thomas Reuters Datastream, AllianzGI Economics & Strategy; Stand: 13.08.2018

Strukturelle Unterstützung von Assetmärkten durch asymmetrische Geldpolitik

Inwieweit ist dies relevant in der Diskussion um steigende Ungleichheit? Eine strukturell zu expansive Geldpolitik stimuliert zum einen Preise für riskante Assets, da Marktteilnehmer eine künftige stärkere Wirtschaftsaktivität diskontieren. In der Tat haben Aktien seit Mitte der 1980er Jahre überdurchschnittliche Erträge weltweit generiert – und dies trotz des Platzens der vermutlich größten Aktienblase in der Finanzmarktgeschichte im Jahr 2000 und trotz der Finanzkrise 2007/08. So waren die annualisierten realen Aktienreturns in den USA bei knapp 9 % und in Europa bei annähernd 7 % im Vergleich zu einem langfristigen Durchschnitt von etwas unter 7 % bzw. 6 %. Immobilien haben in dieser Zeitspanne ebenfalls im Mittel solide Erträge erwirtschaftet (real zwischen 3 und 4 % p. a.), auch weil sich die Immobilienpreise nach Platzen der Blase in vielen westlichen Industrieländern in den Jahren nach 2006/2007 wieder deutlich erholt haben. Selbst globale Anleihenmärkte erzielten leicht überdurchschnittliche Returns, auch wenn diese deutlich niedriger waren als die von Aktien: Niedrigere Zentralbankzinsen führten auch zu fallenden Renditen am langen Ende der Zinskurve und somit zu steigenden Anleihepreisen. Vermögensbesitzer haben folglich vom Anstieg der Vermögenspreise und der Kapitaleinkommen profitiert, die Vermögens- und Einkommensungleichheit ist somit strukturell angestiegen.

Fehlallokation von Ressourcen – negativ für Wachstum und Verteilung

Zu niedrige Zinsen fördern zunächst auch die Wirtschaftsaktivität. Die Investitionstätigkeit und die Nachfrage nach Krediten steigt an. Die globale Investitionsquote hat in der Tat 2015 den höchsten Wert seit 1990 erreicht (26 %) und liegt aktuell nur wenig unter diesem Wert. Ebenso hat der Verschuldungsgrad des Privatsektors weltweit in den letzten Jahrzehnten und auch gerade nach der Finanzkrise massiv zugenommen: Relativ zum BIP ist die Verschuldung von Unternehmen und Haushalten derzeit auf einem Allzeithoch von 150 % (siehe Grafik B/). Zwar ist die Verschuldung in vielen Industriestaaten seit der Finanzkrise leicht gesunken, in einigen Staaten aber, die nicht oder kaum von der Finanzkrise betroffen waren (z. B. Australien, Hong Kong, Kanada, Neuseeland, Schweden, Singapur) ebenso wie in einigen Schwellenländern (insbesondere China, aber auch z. B. Korea, Thailand, Türkei) hat die Verschuldung deutlich zugenommen. Grund: Die günstigen Finanzierungsbedingungen wurden und werden durch die internationale Kapitalmobilität in den Rest der Welt exportiert.

Diese Entwicklung hat mittel- und langfristig negative Auswirkungen nicht nur auf die gesamtwirtschaftliche Produktivität, sondern erhöht à la longue auch die Ungleichheit. Warum? Bei zu niedrigen Finanzierungskosten sinkt die Hürde für die Rentabilität von Investitionen: Auch weniger effiziente Investitionsvorhaben lohnen sich. Es kommt somit zu einer Fehlallokation von Ressourcen. Die wiederholt aufgetretenen Immobilienblasen in den letzten drei Jahrzehnten (z. B. in Australien und Japan Ende der 1980er Jahre, in Nordeuropa um 1990, in den USA, in Großbritannien, Irland und Spanien Mitte der letzten Dekade) sowie überhitzte Immobilienmärkte derzeit in Ländern wie Australien, China, Kanada, Schweden oder Türkei, um nur einige zu nennen, sind anschauliche Beispiele dafür.

B/ Verschuldungen von Unternehmen und Haushalten in % des BIP

Verschuldungen von Unternehmen und Haushalten in % des BIP

Quelle: AllianzGI, BIS, Daten per Q4 2017
Legende: Analyse umfasst G20-Länder, BIP (USD-Gewichtung)

Zunahme des Anteils an „Zombie-Firmen“ – Rückgang des Anteils junger Firmen

Darüber hinaus bedeutet aber eine hohe Verschuldung des privaten Sektors auch, dass in konjunkturellen Abschwungphasen, besonders nach Platzen einer schuldenfinanzierten Vermögensblase, der Abschreibungsbedarf von Banken auf ihr Kreditportfolio deutlich steigt. Allerdings haben Banken einen Anreiz, die Abschreibungen möglichst gering zu halten, um Verluste zu begrenzen und teure Rekapitalisierungen zu vermeiden. Dies führt letztlich dazu, dass sie Kredite an bestehende und eigentlich schwache Schuldner verlängern. Schlagwort „Evergreening“. Konsequenz: Schwache Unternehmen haben ihre Verschuldung immer weniger zurückgefahren und zeigten weniger Disziplin bei ihren Investitionsaktivitäten und dem Verkauf von Vermögensbestandteilen. Verschiedene empirische Studien, wie z. B. von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, bestätigen dies. Gleichzeitig schränken Banken Kredite an gesunde, junge und innovative Unternehmen ein, um das Gesamtrisiko ihres Kreditportfolios nicht zu erhöhen. Es sind primär große, gesunde und international ausgerichtete Unternehmen, die aufgrund ihrer Möglichkeit der Kapitalmarktfinanzierung die Abhängigkeit von Bankkrediten umgehen können.

Der Trend des Evergreenings wird verlängert, in Gang gehalten und letztlich verschärft, wenn Zentralbanken in Aufschwungphasen die Geldpolitik nicht oder zu spät normalisieren, weil zu niedrige Zinsen gerade den schwachen Firmen bzw. den Industriezweigen zugutekommen, die entweder aus dem Markt ausscheiden oder eine harte Anpassungskur durchlaufen müssten. Zudem erhöhen sie die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Asset- und Kreditblasen, wie wir sie in der Tat seit den 1980er Jahren weltweit beobachten. Eine striktere Bankenregulierung mit schärferen Eigenkapitalanforderungen, wie sie nach Platzen einer Blase üblich ist, kann zu einer zusätzlichen Limitierung der Kreditgewährung an Neukunden führen.

Dies ist zumindest eine plausible Erklärung dafür, dass in den letzten drei Jahrzehnten, die gekennzeichnet sind durch eine relativ expansive Geldpolitik, der Anteil älterer und schwacher Firmen, sogenannte „Zombie-Firmen“ (definiert als Firmen mit Zinsausgaben, die den operativen Gewinn übersteigen) im Trend deutlich angestiegen ist. Gleichzeitig ist der Anteil jüngerer Unternehmen deutlich zurückgegangen. Ein schwächeres gesamtwirtschaftliches Produktivitätswachstum ist die Folge. Anders ausgedrückt: Im Gegensatz zur ökonomischen Konsensmeinung könnte das aktuelle Niedrigzinsumfeld nicht die Folge, sondern zumindest teilweise die eigentliche Ursache niedrigen Produktivitätswachstums sein (siehe Grafik C/ und Grafik D/).

C/ Anteil der „Zombie-Firmen“ vs. Wahrscheinlichkeit, eine „Zombie-Firma“ zu bleiben

Anteil der Zombie-Firmen vs. Wahrscheinlichkeit, eine Zombie-Firma zu bleiben

Quelle: Allianz GI, BIS, Daten per 2014
Legende: BIS-Definition von Zombie-Firmen analog der OECD-Definition: Unternehmen aus allen Sektoren außer Finansektor mit Zinsdeckung < 1 für mindestens 3 Jahre in Folge, die mindestens 10 Jahre alt sind und über 20+ Beschäftige verfügen, aus folgenden Ländern: Australien, Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Niederlande, Schweden, Schweiz, Spanien, UK und USA. Wahrscheinlichkeit, eine Zombie-Firma zu bleiben = Anteil der Firmen, die bereits in der Vorperiode eine Zombie-Firma waren.

D/ Anteil jüngerer Firmen und schwacher älterer Firmen

Anteil jüngerer Firmen und schwacher älterer Firmen

Quelle: OECD, Allianz GI, Daten per 2013
Legende: Daten basierend auf Unternehmen aus allen Sektoren mit Ausnahme des Finanzsektors mit 20+ Beschäftigten und älter als 10 Jahre aus 24 OECD-Ländern. Datenbasis BVD. Schwache ältere Firmen = Firmen mit negativem EBIT in drei aufeinanderfolgenden Jahren bzw. einem Rekordverlust

Produktivitätsdifferenz zwischen den Firmen nimmt stetig zu.

Die OECD kommt in ihren Analysen zu weiteren interessanten Ergebnissen: Die Produktivitätsdifferenz zwischen den effizientesten Unternehmen („Frontier-Firmen“) und den übrigen hat merklich zugenommen (siehe Grafik E/). Zudem kommt die OECD zur Schlussfolgerung, dass die Wahrscheinlichkeit, in der Gruppe der effizientesten Unternehmen zu bleiben, im Zeitablauf gestiegen ist. Die zunehmende Digitalisierung dient nur in eingeschränktem Maß als Erklärungsansatz, beobachtet man doch gerade auch in Sektoren mit niedrigem absoluten Produktivitätswachstum ein Auseinanderdriften in der Produktivität. Beide Beobachtungen deuten ganz klar auf einen Verlust an Marktkräften und Wettbewerb hin, was konsistent mit einem Anstieg des Anteils von „Zombie-Firmen“ und dem Rückgang des Anteils jüngerer Unternehmen ist. Auch könnte eine erhöhte M&A-Aktivität, die durch steigende Aktienkurse begünstigt wird, den Rückgang an Wettbewerbsdynamik erklären.

Die zunehmende Produktivitätsdifferenz ist somit auch verteilungsrelevant, erklärt sie doch auch ein zunehmendes Auseinanderdriften in der Entlohnung von Mitarbeitern bei „Frontier-Firmen“ relativ zu denen in den übrigen Unternehmen.

E/ Produktivität „Frontier-Firmen“ vs. übrige Firmen(indexiert)

Produktivität Frontier-Firmen vs. übrige Firmen(indexiert)

Quelle: Andrews D., Criscuolo C., Gal P. (2016), „The Best versus the Rest: The Global Productivity Slowdown, Divergence across Firms and the Role of Public Policy“, OECD Productivity Working Papers, No. 5, Orbis data of Bureau van Dijk (BVD), OECD, Allianz GI, Daten per 2013

Zunahme des Anteils an „Zombie-Firmen“ – Rückgang des Anteils junger Firmen

Asymmetrische Geldpolitik kann die Einkommensverteilung letztlich noch über einen weiteren Kanal negativ beeinflussen. Von der positiven Entwicklung an den Kapital- und Kreditmärkten profitiert zunächst besonders der Finanzsektor. Zum einen, weil er unmittelbar in Vermögensklassen (Aktien, Renten) investiert, deren Kurse positiv von einer expansiven Geldpolitik beeinflußt werden. Niedrigeres Produktivitätswachstum in der Realwirtschaft und das zunehmende Risiko eines Boom-Bust-Szenarios erklären zudem, dass Unternehmen selbst verstärkt in finanzielle Assets anstatt in produktive investieren. Zum Zweiten erzielen Banken in einem günstigen Finanzmarktumfeld überdurchschnittlich steigende Kommissions- und Zinserträge. In der Tat ist der Anteil von Banken und Versicherungen an der gesamten Wertschöpfung seit Mitte der 1980er Jahre deutlich angestiegen, z. B. in den USA von ca. 4 auf über 7 %. Unmittelbar nach der Finanzkrise sank der Anteil zwar wieder, hat sich inzwischen aber wieder auf dem Vorkrisenniveau eingependelt (siehe Grafik F/). Synchron mit dem Anteil am BIP stieg auch die relative Entlohnung von Beschäftigten im Finanzsektor, insbesondere in den USA für Beschäftigte im Wertpapierbereich, relativ zu denen in den übrigen Wirtschaftszweigen.

In Europa ist die Entwicklung etwas anders: Dort geht der Anteil des Finanzsektors am BIP seit der Finanzkrise leicht zurück, gleiches gilt für Japan seit den 1990er Jahren. In vielen Ländern, die von der Finanzkrise 2007/08 ganz oder weitgehend verschont geblieben sind (z. B. Australien, China, Hong Kong, Kanada, Schweden), ist der Finanzsektor aber weiter auf dem Vormarsch und spiegelt den Anstieg der Verschuldung und des Immobilienmarktes wider.

F/ US-Finanzsektor: Anteil am BIP vs. Verschuldung

US-Finanzsektor: Anteil am BIP vs. Verschuldung

Quelle: Thomson Reuters Datastream

Monetäre Entwicklungen sind auch langfristig mehr als ein Schleier für die Realwirtschaft.

Unsere Sicht auf die Geldpolitik in der Diskussion um Verteilung und auch Produktivität ist somit dezidiert anders als die des Mainstreams: Zwar dienen geldpolitische Verzerrungen auch für uns nicht als alleiniger Ansatz zur Erklärung von niedrigem Produktivitätswachstum und steigender Ungleichheit. Andere Faktoren wie Wettbewerbspolitik, Bankenregulierung und Steuerpolitik sind ebenfalls relevant. Allerdings ist der monetäre Rahmen mehr als nur ein „Schleier“ über realwirtschaftlichen Entwicklungen und kann selbst negative Effekte auf Produktivität, Wachstum sowie Verteilung auslösen.



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Schlussfolgerungen und Themen unseres Investment Forums in Hongkong

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Mitte Januar kamen unsere Investmentspezialisten aus aller Welt in der Finanzhauptstadt Asiens zu unserem halbjährlichen Investment Forum zusammen. Die räumliche Nähe des Veranstaltungsorts zu Festlandchina deckte sich in diesem Jahr in besonderer Weise mit einer thematischen Nähe – nicht zuletzt infolge des US-chinesischen Handelsstreits, der nach wie vor für Unruhe an den Märkten sorgt. Angesichts weltweit zunehmender Verschuldung, politischer Unsicherheit und einer uneinheitlichen Entwicklung der Weltwirtschaft scheint eine aktive langfristige Ausrichtung die beste Strategie für Anleger zu sein.

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